Das zweite Gedicht von Carl Norac
ANSTECKENDE HOFFNUNG
Die Poesie hat mich erwischt.
Ich glaube, ich habe einem Satz
im Vorbeigehen die Hand geschüttelt
oder einer Unbekannten mit einem Stern in der Tasche.
Womöglich küsste ich die Lippen eines Zufalls,
der sich zuvor mir niemals zugewandt.
Die Poesie hat mich erwischt, mit ansteckender Hoffnung.
Schon eine Weile – ein deutliches Symptom –
warf ich mit Augenblicken um mich, woraus ein Lied entstand.
An keine einstudierte Sprache mehr gebunden,
des freien Wortes mächtig, existiere ich, widersetze mich
und hüte mich vor jenen, die von einem toten Land sprechen,
wo dieses Land uns heute alle angeht.
Gerade befragt man mich, das war ja klar:
»Muttersprache?« Der Atemzug.
»Aufenthaltsberechtigung?« Das Wort.
»Wo haben Sie sich das eingefangen?« Hinter Ihrem Spiegel.
»Was haben Sie vor, Fremder?«
Worte in die Welt setzen,
auch wenn die Welt verstummt.
Die Poesie hat mich erwischt.
Hab unter meinen Fingern leichtes Fieber
Ich hätte große Lust Sie anzustecken,
von Mund zu Mund, nichts tät ich lieber.
Übersetzung Christina Brunnenkamp
Met de steun van de Nationale Loterij en haar Spelers.
Met dank aan het Cultureel Samenwerkingsakkoord tussen de Franse en de Vlaamse Gemeenschap.