Das zehnte Gedicht von Els Moors als Nationale Dichterin
Flugstunde
so klingt das geräusch des meeres doch in dieser stadt
ertönt zur erinnerung an die anspülenden wellen
zunächst immer das runde singen der möwen
es variiert von ratlosem piepsen auf
einem unsichtbar rhythmisch peitschenden wind
bis hin zum akuten herunterschlucken oder ausspucken
hoher unbestimmter noten hartnäckig verweigern
sie sich jedem akkord dieses grillige
kratzen von hoch bis tief angesetzt
wie ein blasebalg dazu das gejaule
des windes kopierend mit dem ziel
den in sich selbst versunkenen passanten
von natur aus bedächtig jetzt wachzurütteln
ihn sogleich darüber zu informieren
dass er sich an den rändern einer sich weit
ausdehnenden küstenlandschaft befindet
möwen sind die weißen wächter dieses
reiches übermächtig paradieren sie barfuß
an grenzen entlang die allein sie beherrschen
und kontrollieren indem sie auffliegen
sich dann wieder niederlassen in hellen unverfälschten
farben und mit einem unmissverständlichem blick
so sah ich eines morgens eine gruppe von wohl
hundert möwen reglos ruhend am strand
unbeweglich und in stille genau dort wo die morgen-
bleiche gischt der wellen sich nur für kurze zeit
gefährlich brausend ineinander zu haken versuchte um
daraufhin im sand aufzuschlagen sodass die möwen
von meiner warte aus vor gewalt bereits gestorben schienen
nichtssagend standhaltend in dieser reglosen brust wirkten sie
wie skulpturen erst als ein spaziergänger erschien beschlossen sie
wieder auszufliegen auszuschwärmen wenige meter nur
ließen sich schließlich wieder nieder nie höher
fliegend als nötig diesmal sogar kaum
kreischend und einträchtig schweigend
ich weiß nach diesem kleinen sonnenbad werden sie
ebenso lieb lautstark und mit großem flügelschlag
alsbald in verschiedene weltteile davon-
schweben ohne sich wirklich zu bewegen sie werden
sich selbst dabei aus großen höhen haben
herabfallen sehen ohne sich zu verletzen sturzfluten
werden sie immer nur für kurze zeit mit sich
gezogen haben sieh wie sich eine möwe durch
bloßes flügelschlagen in der höchsten dünnen
luft halten kann sieh wie der sich bewegende
himmel über jedem meer die geblähten segel füllt
mühelos schwer beladene schiffe vorwärts schiebt
jeder mit schwingen groß genug und gut
befestigt wird also eines schönen tages
verstanden haben wie man widerstände
überwindet wie man die luft erobert
und bezwingt und sich selbst auf ihr
erhebt
Vertaling: Isabel Hessel, het Brussels Vertalerscollectief
Met de steun van de Nationale Loterij en haar spelers.
Met dank aan het culturele samenwerkingsakkoord tussen de Vlaamse en Franstalige Gemeenschap