Das vierte Gedicht von Carl Norac
Oh Käpt´n! Mein Käpt´n!
Als Jugendliche gingen wir uns im Stock Américain
ein Stück Eldorado kaufen.
Nur abgewetztes Leder, kein Gold,
oder dieser Jeansstoff, dem Himmel zum Spott,
der hier schon vor dem Regen ausgeblichen ist.
Wir kehrten aus Brüssel zurück, so strahlend
mit dem Bus, polierten unsere Stiefel und erhoben uns
wie mit Flügelschlag.
Lou Reed brachte mich später nach Berlin,
Jack London zum Pol und Patti Smith nach Charleville.
Mit wenigen Schatten weckte Cassavetes die Lust in mir,
eine billige Kamera zu erstehen und zu versuchen,
die andere Wahrheit der Welt zu zeigen,
die schon vor der Tür stand, in Reichweite.
Kinoclub der Schule: Auf dem Plakat
lasen wir lachend It´s terrific!
Orson maß uns mit dem Blick des Citizen Kane,
von dem wir irrigerweise annahmen,
er würde nach dem Abspann verschwinden.
So brav wir die von der Aufklärung beflügelte
Revolution paukten, beim Bier
glühten unsere Ideen weniger verlegen,
oder verharrten andächtig an weißen Gräbern.
Unterwegs, wenn wir Sonntage totschlugen,
kamen wir nicht weit,
Easy Rider mit aufgemotzten Mofas
oder Läufer über Felder und durch Nesseln,
einfache Maisdiebe,
doch großmäulig wie Kerouac.
Ich erinnere mich auch, dass ich, gerollt
in der Hand, mitgerissen von den Refrains
die »Grashalme« von Walt Whitman bei mir trug.
Heute Nacht verblasst merkwürdigerweise alles, wie du weißt,
unter einem schlecht gespannten Banner,
doch den Geist dieses Dichters,
der sich an Lincoln wandte, siehst du dort noch wandeln,
im Land des großen Fiebers,
herumirrend, als zähle er Stimmen:
Oh Käpt’n! Mein Käpt’n!
Und du sprichst ihm nach, widerwillig,
ohne weiteren Kommentar, noch Lobgesang:
Oh Käpt’n! Mein Käpt’n! Sag mir,
wohin treibt mein Amerika?
Übersetzt von Christina Brunnenkamp