Das elfte Gedicht von Carl Norac

DER VORHANG

 

Und jetzt, schau, schaffe ich es nicht mehr

aus dem Graben. Sein Rand ist steil, rutschig.

Verflucht seien die, die ihn gegraben haben.

Meine Geduld ist bald am Ende.

(Wladimir Wyssotski)

 

Wann immer jemand eine Bühne betritt, ist da dieser Vorhang.

Dieser Vorhang, der einen umwirft, zu Fall bringt.

Sein Stoff ein mächtiger, ranziger Samt,

mancherorts geflochtene Fäden, eher Maulkorb als Spitze,

mit klingenden Schellen durchwoben, schrill wie

die Stimmen der Narren oder das Lachen der Lobbyisten.

Der Mann versucht aufzustehen, eine Frau reicht ihm die Hand.

Der Augenblick erhebt sich mit ihnen.

Sie gehen aufeinander ein und tanzen sogar neben den Gräben.

Doch dieser Vorhang schlägt erneut zu, metallisch,

erlegt sein Schlingern auf, schlägt zu statt einer vorgeschützten Welle.

Die Zuschauer verstehen nicht, warum sie,

obwohl ihr Mund bedeckt ist, den Saal verlassen müssen,

während anderswo wie zum Hohn erschallt:

«Hustet in den Kneipen, auf den Märkten, liebe Leute.

Der Glühwein fließt in Strömen. Wir sind nicht die Dummen heute!»

 

Immer noch und immer wieder stehen die Frau und der Mann auf,

vor diesem Vorhang, den sie jetzt zerreißen müssen,

den Bildschirmen, den Plätzen entreißen.

Jetzt, wo wir zu Unrecht Ziele sind,

bleibt keine Zeit, Freundinnen und Freunde,

die Sterne wieder anzuzünden

oder sich über die Sitzenden zu unterhalten.

Einzig drängt der Moment

des großen Ungehorsams.

Übersetzung: Christina Brunnenkamp