Das erste Gedicht von Carl Norac als Nationale Dichter

Gedicht für das Kind am Rande eines Blattes

 

Die Poesie nistet in einer kaum geöffneten Hand,

sie kann den Lebenslinien folgen

und sogar in einer Faust wohnen.

Sie ist der unverhoffte Atemzug, der in dir wachte,

wie Zeit legt sie sich auf den Augenblick und dauert an.

Willst du sie zähmen, nimm ein anderes Buch,

vergiss die Leute, die sie definieren.

Stets behält sie einen Vorsprung, den Flügelschlag

des Vogels, wenn du ihn fangen willst.

 

Ein Gedicht wartet nicht auf dich.

Es ist auch da, wo du es nicht beachtest.

Es will nicht unbedingt mehr strahlen

als ein Sprühregen, der sich amüsiert, eine Sonne, die sinkt.

Ein Gedicht bringt Blumen nicht zum Wachsen:

Es ist ein Wort zwischen zwei Lippen,

das die Welt vielleicht nicht retten,

doch das man hören wird,

es offenbart Geheimes, Liebe, Kampf.

Es wird noch singen, wenn andere niederknien

oder fliehen vor der Vielzahl ausgestreckter Arme.

 

Heute wirst du schreiben, gestehst du mir.

Nun gut, nur zu, gib dich der Schönheit hin.

Nach einer Seite oder ein paar Versen

eröffnen sich nicht selten Universen.

Ich sehe: Heute früh fühlst du dich so verdichtet,

du glaubst, du kannst

die Welt in Worte fassen,

den Augenblick unendlich scheinen lassen.

 

Übersetzung: Christina Brunnenkamp

Met dank aan de Nationale Loterij en haar Spelers.
Met de steun van het Cultureel Samenwerkingsakkoord tussen de Franse en de Vlaamse Gemeenschap.